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Lohnfortzahlung bei Krankheit: Rechte und Pflichten

Die Verpflichtung zur Lohnfortzahlung bei Krankheit ist im Obligationenrecht festgeschrieben. Welche Rechte und Pflichten bei Krankheit von Mitarbeitenden bestehen und welche Bestimmungen bei der Kündigung gelten, erfahren Sie im Folgenden.

01.03.2024 Von: Thomas Wachter
Lohnfortzahlung bei Krankheit

Die Lohnfortzahlung

Mit Ausnahme der ersten drei Anstellungsmonate, der so genannten Karenzfrist, sowie mit Ausnahme von kurzen Aushilfsarbeitsverhältnissen besteht eine Lohnfortzahlungspflicht bei Krankheit.

Die Lohnfortzahlung ist im OR (Obligationenrecht Art. 324a: Lohn bei Verhinderung an der Arbeitsleistung) nur rudimentär umschrieben: Im ersten Anstellungsjahr ist die Lohnfortzahlung während drei Wochen und anschliessend für eine «angemessene längere Zeit» zu leisten. Die Gerichtspraxis hat deshalb Skalen entwickelt, welche Auskunft geben über die Länge der minimalen Lohnfortzahlung bei Krankheit.

Der Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit besteht pro Dienstjahr und entsteht in jedem Dienstjahr von neuem. Der Anspruch besteht also nicht, wie häufig angenommen, pro Krankheitsereignis. Ist jemand wiederholt krank, besteht der Anspruch auf Lohnfortzahlung gesamthaft nur einmal pro Dienstjahr. Die verschiedenen Gründe für Abwesenheiten vom Arbeitsplatz werden zusammengezählt.

Der Anspruch besteht bei teilweiser Verhinderung an der Arbeit nicht für eine bestimmte Zeit, sondern verlängert sich, bis der Anspruch auf die volle Lohnfortzahlung abgegolten ist.

Praxis-Tipp
Für Absenzen wegen Krankheit ist der Abschluss einer kollektiven Taggeldversicherung zu empfehlen. Sie deckt in der Regel während 720 Tagen mindestens 80% des Erwerbsausfalls. Der Arbeitgeber muss mindestens die Hälfte der Prämien übernehmen.

Voraussetzungen für die Lohnfortzahlung

Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht gemäss Art. 324a oder b Obligationenrecht (OR) nur, wenn es sich bei Arbeitnehmenden um eine Arbeitsverhinderung handelt:

  • die in seiner Person liegt, und
  • wenn er ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert ist, und
  • wenn das Arbeitsverhältnis, mehr als drei Monate gedauert hat, oder für mehr als drei Monate eingegangen wurde.

 

Die Lohnfortzahlung ist nur gegeben, wenn der Grund für die Absenz "in der Person des Arbeitnehmenden" liegt. Keine Lohnfortzahlungspflicht besteht bei anderen Verhinderungsgründen wie Naturkatastrophen,
Flugverbot, Verkehrszusammenbrüchen, Stau, Strassensperrungen,
Lawinenniedergängen, Schneefall oder Seuchensperren/Pandemie usw. Hier liegt der Grund der Arbeitsverhinderung nicht in der Person des Arbeitnehmenden.

Die Gerichtspraxis stellt an die Schuldlosigkeit der Arbeitnehmenden bei einer Krankheit keine besonders hohen Anforderungen. Bei einer Krankheit ist zunächst von der Schuldlosigkeit auszugehen, unabhängig von der Ursache.

Ein ärztlich verordneter Erholungsurlaub gilt in der Regel als krankheitsbedingte Absenz.

Die dritte Voraussetzung ist ein Arbeitsverhältnis, welches mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen wurde. Ein Arbeitgeber soll erst dann für eine Arbeitsunfähigkeit seines Arbeitnehmenden aufkommen müssen, wenn das Arbeitsverhältnis mindestens drei Monate gedauert hat oder von Anfang an für mehr als drei Monate eingegangen worden ist

Lohnfortzahlung bei Pflegebedürftigkeit von Angehörigen werden im Beitrag "Krankheitsfälle: «Chef, mein Kind ist krank»" behandelt.

Lohnfortzahlung bei Krankheit, Kündigungsschutz und Sperrfristen

Das schweizerische Recht kennt grundsätzlich die freie und jederzeitige Kündigungsmöglichkeit eines Arbeitsverhältnisses. Einzuhalten sind lediglich die gesetzlich vorgesehenen und vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen. Insbesondere bei Arbeitsverhinderungen infolge Krankheit und Unfall, bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie für Dienstleistende besteht aber ein zeitlich begrenzter Kündigungsschutz nach Art. 336c OR.

Das Obligationenrecht sieht zugunsten des Arbeitnehmenden folgende Sperrfristen vor (Art. 336c OR). Nach Ablauf der Probezeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen:

bei Krankheit, Unfall

  • 30 Kalendertage im 1. Dienstjahr
  • 90 Kalendertage vom 2. bis und mit 5. Dienstjahr
  • 180 Kalendertage ab dem 6. Dienstjahr

Dieser zeitliche Kündigungsschutz ist nicht mit der gesetzlichen Lohnfortzahlungspflicht koordiniert.

Beispiel 1: Einem Mitarbeiter im zweiten Anstellungsjahr wurde auf Ende März unter Einhaltung der zweimonatigen Kündigungsfrist gekündigt. Am 1. März erkrankt er und ist während sechs Wochen, also bis am 11. April, arbeitsunfähig. Die Kündigungsfrist verlängert sich um die Dauer der Arbeitsunfähigkeit, jedoch längstens um die Sperrfrist. Die Sperrfrist im zweiten Anstellungsjahr beträgt 90 Tage. Im Beispiel verlängert sich die Kündigungsfrist um sechs Wochen bis am 12. Mai. Da die Beendigung immer auf Ende Monat erfolgt, endet das Arbeitsverhältnis neu Ende Mai. Der Mitarbeiter erhält während der Krankheit vom 1. März bis 11. April für die gesetzliche oder vereinbarte Dauer Lohnfortzahlung. Nach der anwendbaren Berner Skala dauert die Lohnfortzahlung vier Wochen, also bis am 28. März. Anschliessend erhält er keinen Lohn mehr. Am 12. April nimmt er die Arbeit wieder auf, erhält wieder Lohn und arbeitet bis Ende Mai.

Beispiel 2: Die Anstellungsbedingungen eines Arbeitgebers mit Sitz in Zürich sehen die Lohnfortzahlungspflicht nach dem Obligationenrecht (OR) vor. Eine Arbeitnehmende im zweiten Anstellungsjahr ist ernsthaft krank. Sie muss sich wiederholt im Spital behandeln lassen und ist auf unbestimmte Zeit krankgeschrieben. Es zeigt sich leider, dass die Genesung auf jeden Fall noch einer längeren Behandlung bedarf. Der Arbeitgeber entschliesst sich nach zehn Wochen zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses und schickt der Mitarbeiterin per Einschreiben eine Kündigung. Die Arbeitnehmende erhält im zweiten Anstellungsjahr während acht Wochen Lohnfortzahlung gemäss der Zürcher Skala. Anschliessend dauert das Arbeitsverhältnis noch an, es erfolgt aber keine Lohnfortzahlung mehr. Die Kündigung der Mitarbeiterin fällt jedoch noch in die Sperrfrist. Diese beträgt im zweiten Anstellungsjahr 90 Tage. Die Folge: Die Kündigung ist «nichtig», also ungültig, obwohl keine Lohnfortzahlung mehr besteht.

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