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Lohnfortzahlung: Das sind die Tücken

Die Lohnfortzahlung ist im OR nur knapp beschrieben und bei Unfall, für Dienstleistende sowie bei Mutterschaft gelten andere Bestimmungen. Daher gibt es viele Stolpersteine, die zu beachten sind.

01.03.2024 Von: Thomas Wachter
Lohnfortzahlung

Voraussetzungen für die Lohnfortzahlung

Die erste Voraussetzung für die Lohnfortzahlung ist: Der Grund der Absenz muss zwingend in der Person des Arbeitnehmers liegen. Lohnfortzahlung erfolgt also bei Arbeitsverhinderung infolge 

  • Krankheit inkl. ärztlich attestierten Schwangerschaftsabsenzen
  • Unfall
  • der Erfüllung gesetzlicher Pflichten (wie Militärdienst, Zivildienst, Feuerwehrdienst, etc.)
  • personenbezogene Gründe (wie Arztbesuch, Umzug, Heirat, temporäre Pflege eines erkrankten Angehörigen, etc.)
  • Keine Lohnfortzahlungspflicht besteht bei andern Verhinderungsgründen wie Naturkatastrophen, Flugverbot, Verkehrszusammenbrüchen, Stau, Strassensperrungen, Lawinenniedergängen, Schneefall oder Seuchensperren / Pandemie etc. Hier liegt der Grund der Arbeitsverhinderung nicht in der Person des Arbeitnehmers.

Anders ist die Lohnfortzahlung bei Mutterschaft geregelt. Hier besteht eine Mutterschaftsversicherung, welche die betriebliche Lohnfortzahlung ersetzt.

Eine zweite Voraussetzung ist, dass die Absenz unverschuldet ist:

  • Dabei gelten Verkehrsunfälle, Sportunfälle zum Beispiel beim Skifahren, Bergsteigen, Tauchen, Reiten oder Deltasegeln, verordnete Kuraufenthalte, Schwangerschaftsabbrüche etc. als unverschuldet.
  • Als verschuldete Absenzen gelten solche bei waghalsigen Unternehmen wie Fahren in angetrunkenem Zustand, Risikosportarten wie Motocross-Rennen, Skitouren trotz grosser Lawinengefahr, Klettertouren trotz drohendem Wettereinbruch, etc.
  • Unklar ist die Situation bei Suchtkrankheiten wie Alkoholismus, Drogensucht, Nicotinabhängigkeit. In der Regel besteht während Behandlungszeiten bei Suchtkrankheit Lohnfortzahlungspflicht. Als verschuldet gelten sicher Ausfälle, welche beispielsweise auf eine durchzechte Nacht zurückzuführen sind. Hier besteht keine Lohnfortzahlungspflicht.

Die dritte Voraussetzung ist ein Arbeitsverhältnis, welches mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen wurde. Gegebenenfalls gilt somit eine Karenzfrist von drei Monaten.

Lohnfortzahlung bei Krankheit ohne Versicherungsschutz

Bei Krankheit ohne Taggeldversicherung: 100% Lohnfortzahlung während beschränkter Dauer (Regelung gemäss Art. 324a OR)

Ist nichts anderes vereinbart, gilt bei Krankheit Art. 324a OR. Die gleichen Bestimmungen gelten für andere Arbeitsverhinderungen, welche nicht einer obligatorischer Versicherungslösung unterstellt sind. Der Arbeitgeber hat dabei unter den oben erwähnten Voraussetzungen für eine „beschränkte Zeit” den vollen „Lohn samt einer angemessenen Vergütung für ausfallenden Naturallohn” zu entrichten.

Die "beschränkte Zeit" wird nach der Anzahl Anstellungsjahre bestimmt, wobei die Probezeit und die Berufsausbildung im Betrieb bei der Berechnung mitzählen. Im ersten Anstellungsjahr beträgt die Lohnfortzahlungspflicht drei Wochen. Für die weiteren Anstellungsjahre kommen die Skalen zur Anwendung, welche die Lehre und Rechtsprechung entwickelt haben. Diese Skalen sind regional unterschiedlich (Berner-, Zürcher- und Basler-Skala).

Die Lohnfortzahlungspflicht nach Art. 324a OR gilt pro Anstellungsjahr. In jedem Anstellungsjahr entsteht wiederum ein neuer Anspruch auf Lohnfortzahlung, auch bei fortdauernder Krankheit, sofern das Arbeitsverhältnis nicht beendet wurde.

Lohnfortzahlung bei Krankheit mit Versicherungsschutz

Bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit erbringt eine Krankentaggeldversicherung
Taggeldleistungen, in der Regel auf der Grundlage von 80% des versicherten Verdienstes
während 720, bzw. 730 Tagen.

Sieht der Arbeitsvertrag, der Normal- oder Gesamtarbeitsvertrag eine Krankentaggeldversicherung vor, so sieht die Lohnfortzahlung anders aus. Voraussetzung ist, dass die Regelung den obigen Bestimmungen mit 100% Lohnfortzahlung während der beschränkten Dauer mindestens gleichwertig ist. Geregelt ist dies in Art. 324a Abs. 4 OR.

Als gleichwertig gilt eine Regelung der Lohnfortzahlung mit einer Krankentaggeldversicherung, welche folgende Merkmale aufweist:

  • 80% Lohnfortzahlung während 2 Jahren
  • mindestens 50% der Prämie wird vom Arbeitgeber übernommen
  • maximal 3 Karenztage, also Tage ohne Lohnfortzahlung zu Beginn jeweils einer Krankheitsphase
  • Die Wartefrist bis zur Gewährung von Versicherungsleistungen kann unterschiedlich ausgestaltet sein, da während dieser Zeit der Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist. Üblicherweise wird eine Wartefrist von 30, 60 oder 90 Tagen vereinbart.

Ab Beginn der Arbeitsverhinderung (resp. bei Karenztagen spätestens ab dem 4. Tag) beträgt die Lohnfortzahlung 80%. Die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers wird nach der Wartefrist durch die Versicherungsleistungen in der Höhe von 80% des bisherigen Lohnes ersetzt.

Lohnfortzahlung bei Unfall 

Für die Lohnfortzahlung bei obligatorischer Versicherung gemäss Art. 324b OR wie die Unfallversicherung oder die Erwerbsaufallversicherung bei Dienstleistungen gilt:

Arbeitnehmende haben – sofern die Voraussetzungen erfüllt sind – Anspruch auf 80% Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber während der beschränkten Dauer (wie oben). Deckt die Versicherungsleistung die 80% ab, so besteht keine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers.

Die Unfallversicherung (UVG) bezahlt bei einem Unfall ab dem dritten Tag 80% des vor
dem Unfall erzielten Lohns, maximal jedoch 80% von CHF 148 200.–. Das maximale
Taggeld beträgt: CHF 148 200.– × 80%/365 = CHF 324.80. Die Unfallversicherung kennt 2 Wartetage nach dem Unfalltag.

Lohnfortzahlung bei Dienstleistung

Zu unterscheiden ist zwischen den besoldeten und unbesoldeten Diensttagen. Für besoldete
Diensttage erbringt die Erwerbsausfallversicherung (EO) Leistungen. Dabei handelt
es sich um eine obligatorische Versicherung gemäss Art. 324b OR.
Ausnahmen bilden der Orientierungs- und der Entlassungstag. Diese beiden Tage sind
nicht besoldet und fallen unter Art. 324a OR. Gemäss Art. 324a Abs. 1 OR hat der Arbeitgeber
einem Arbeitnehmenden, der aus Gründen, die in seiner Person liegen, ohne sein
Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert ist, für eine beschränkte Zeit den darauf
entfallenden Lohn samt einer angemessenen Vergütung für ausfallenden Naturlohn zu
entrichten, sofern das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr
als drei Monate eingegangen wurde.

Bei Dienstleistungen gilt somit Folgendes:

  • Deckt die Erwerbsausfallentschädigung mindestens 80% des vor der Dienstleistung bezogenen Lohns, so hat der Arbeitgeber keine Lohnfortzahlung zu leisten.
  • Deckt die Erwerbsausfallentschädigung hingegen weniger als 80% des vor der Dienstleistung bezogenen Lohns, schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für «die beschränkte Zeit» die Differenz zwischen der Erwerbsausfallentschädigung und 80% des Lohns.

 

Praxislösung: Die EO-Entschädigung wird meist erst nach einigen Wochen ausbezahlt. In der Praxis leisten die Firmen deshalb während der Dienstleistung Lohnfortzahlung von 80 oder 100% und verrechnen diese anschliessend mit der EO-Leistung.

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